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Die Bloggergruppe rund um die Stoffspielereien ist schon wirklich großartig – immer offen, interessiert und sogar meine Ankündigung, dass ich diesmal zwar einen aktuellen Beitrag zu Naturfarben(herstellung) durch einen besuchten Kurs im Wandelgrund in Dresden hätte, aber leider noch nicht dazugekommen bin, diese Pflanzenfarben auf Stoff auszuprobieren, wurde herzlich entgegengenommen. So folge ich der Aufforderung diesen ersten Schritt zu zeigen, sehr gerne. Eigentlich hatte ich mir natürlich vorgenommen, damit auch wirklich noch auf STOFF zu färben und nicht nur die Papier-Variante hier zu zeigen. Mit dem Arbeitsalltag, mehreren Dienstreisen und nicht zuletzt auch den Herausforderungen mit unseren drei Kindern, von denen eins gestern hier noch seinen Kindergeburtstag nachgefeiert hat, war das aber dann leider doch nicht umsetzbar. Letzte Woche hatte ich diese Blogbeitrag sogar schon mal versehentlich veröffentlicht, um mich dann stundenlang zu wundern, warum es bei bei PeterSilie & Co. gar keinen Stoffspielereien-Beitrag zum verlinken gibt. Hat das jemand mitbekommen? So hatte ich immerhin noch Zeit, an diesem Blogbeitrag noch etwas weiterzutippen ….
Der Wandelgrund
Ende Mai bin ich das erste Mal zum Wandelgrund in Dresden gefahren, deren Entstehung als Bildungsprojekt zu lokalen Fasern und Farben ich bereits letztes Jahr beim ersten Crowdfunding unterstützt hatte. Die Unterstützer von 2023 konnte sich bevorzugt zum Kursprogramm 2024 anmelden und ich entschied mich für das “Tintenlabor: Pflanzenfarben für Papier” mit Flora und Farbe aus Berlin. Das der Wandelgrund tatsächlich nur ein paar Fahrradminuten von mir entfernt liegt und die Großeltern dort früher immer das erste Enkelkind im Kinderwagen durch die Gegend geschoben haben, hat mich sehr überrascht. Die ländliche Idylle am Dresdner Stadtrand hat eine ganz besondere Geschichte, die mir tatsächlich bislang nicht bewusst war. Von 1966 bis 2010 war dort der Gärtnerhof von Veit Ludewig ansässig, der selbst zu DDR-Zeiten mit einer sechsgliedrigen Ackerfruchtfolge – “1. Kohl/Kartoffel, 2. Zwiebeln/Möhren/Rote Beete/Futterrüben 3. und 4. Winterweizen, 5. Hafer, 6. Roggen” biologisch-dynamisch und außerhalb der LPG-Prozeduren Landwirtschaft betrieb. Alleine das ist wohl ziemlich ungewöhnlich. Hier und hier kann man einiges dazu und auch über ihn nachlesen. Schade, dass ich das komplett verpasst habe. Was nun drei Jahre nach seinem Tod 2021 auf seinem Gelände neu entsteht, würde ihm ganz sicher gefallen …
Workshop “Tintenlabor: Pflanzenfarben für Papier” mit Flora und Farbe
Der Workshop unter freiem Himmel war von Flora und Farbe sehr liebevoll vorbereitet. Das auch die Initiatoren des Projekts Mona Knorr mit dabei war, hat mich besonders gefreut. Ansonsten war es eine lustige Gruppe, wobei die Mitglieder nicht nur aus meiner Stadt kamen. Sogar ein junges Pärchen, bei der er sie mit dem Kurs als Geburtstagsgeschenk überrascht hatte, war dabei. Was für eine schöne Idee, oder? Gegenwärtig können aus Versicherungsgründen die Gebäude im Inneren nicht für Veranstaltungen genutzt werden, aber zumindest in den Sommermonaten ist das Gelände rund um die Dreiseithof ohnehin so verlockend, dass es wie ein kleines Paradies wirkt. Man vergisst sofort, wie nah es eigentlich noch an der Innenstadt von Dresden ist.
Auf dem Tisch standen bei unserer Ankunft bereits verschiedene Färbepflanzen und entsprechende Utensilien. Nach einem kurzen Kennenlernen wurden die Rezepte für die Pflanzentinten verteilt. Ich entschied mich für Walnusslaub-Tinte, weil wir im Projekt Vierseithof einen großen Walnussbaum in der Mitte stehen haben und ich damit die Zutaten auch zu Hause direkt vor der Nase. Jeder der Teilnehmer stellte einen andere Pflanzentinte her und so konnten wir anschließend alle Variante durchprobieren und tauschen.
Walnusslaub-Tinte
In meinem Fall musste ich tatsächlich nur Walnussblätter sammeln – in diesem Jahr ganz junge, die nach den späten Nachtfrösten im Frühjahr nochmal neu gewachsen waren – diese grob rupfen und mich heißem Wasser aufgießen. Danach kochte der Blätterbrei immerhin fast eine Stunde vor sich hin. Das Wasser durfte dabei nie ganz weg sein. Der Sud wurde dann durch ein Moltontuch abgeseiht und ausgepresst und danach nochmal weiter gekocht. Es gab für alle Papierstreifen, mit denen man die Farbe schon vorab kontrollieren konnte.
Pflanzentinten
Fast alle Varianten mussten in Gläsern aufkochen, wobei wir bereits bei der Herstellung damit experimentiert haben, wie sich die Pflanzentinten verändern, wenn man Soda dazu gibt. Am Ende hatten wir Stockrose – eine meiner Favoriten – Krapp, Schwefelcosmeen, mein Walnusslaub, Zwiebelschalen und Eisengallustinte, die sich am schwierigsten herstellen ließ, aber mich am meisten faszinierte, da damit bekanntlich im Mittelalter geschrieben wurde. So weit ich mich erinnern konnte, hatte ich bis dahin auch noch nie Eichengalläpfel bewusst in der Hand oder überlegt, wie diese entstehen: wenn die Gallwespe ihr Eier in die Blattunterseiten der Eichen ablegt, kapselt der Baum diese Eindringlinge ab und es entstehen die Galläpfel. Der Name kommt wohl tatsächlich daher, dass der Geschmack bitter wie Galle sein soll. In getrockneter Form bekommt man die Eichengalläpfel aber wohl im normalen Künstlerbedarf. Meine Tochter probierte sich zu Hause auch gleich vor allem mit dieser Tinte aus und malte ein Auge. Zunächst ist Eisengallustinte sehr hellgrau, dunkelt aber in ein tiefschwarz nach und ist dazu noch – im Gegensatz zu den meisten anderen Pflanzenfarben – lichtbeständig. Die Färbepföanzen – wie die Schwefelcosmeen – kamen auch direkt vom Wandelgrund.
Bevor wir alle unsere Tinten untereinander ausprobieren konnten, gab es noch die Möglichkeit sich ein kleines Heft zu binden. Auch dabei habe ich gerne mitgemacht und mich über das Heftchen sehr gefreut. Meine eigene Farbtintenübersicht habe ich dann aber wieder in mein bewährtes DIY-Büchlein geschrieben. Dabei kam auch endlich mal die Glasfeder zum Einsatz, die ich mir letztes Jahr bei der Chorreisewoche in Clausthal-Zellerfeld im Harz gekauft habe.
Projekt 1qm Lein
Als Abschluss des Kurses konnte man noch bei einem Rundgang über das Gelände gehen, auf dem Ende Mai bereits der erste Flachs, viele Färberpfanzen und besonderes, mehrjähriges Getreide wuchs. Über das Projekt 1qmLein, an dem ich nächstes Jahr auf jeden Fall teilnehmen möchte, habe ich ja schon berichtet. So richtig eingestiegen in das Thema bin ich selbst im im Februar diesen Jahres, als Christiane Seufferlein von Faser und Farbe im Dresden den Vortrag zu “Bertas Flachs” hielt. Von der überspringenden Begeisterung habe ich hier geschrieben. In drei Wochen kommt die Österreicherin übrigens mit dem gleichen Vortrag nach Großschönau – das sollte ihr euch eben sowenig entgehen lassen, wie der Besuch im dortigen deutschen Damast- und Frottiermuseum. Dazu sollte es hier auch schon längst mal einen Blogbericht geben, denn ich war bei meinem Besuch dort sehr begeistert. Die Museumsleitung hat derzeit eine Freundin von mir und dem Haus hätte sicherlich nichts besseres passieren können. Der Vortrag wird gleichzeitig auch der Auftakt zum Projekt, denn auch das deutschen Damast- und Frottiermuseum gehört mit zu den deutschlandweiten Kooperationspartnern.
Aktuell läuft noch das Crowdfunding zum Projekt “1 qm Lein – Vom Saatkorn zum fertigen Leinentextil”, bei dem man zunächst ein Starterpaket mit dem Saatgut kauft und dieses dann nächstes Jahr im eigenen Garten – oder auch in Töpfen auf dem Balkon – anbaut. Nach drei Monaten wird dann geerntet und man riffelt die Samenkapseln ab. Anschließend folgt die Röste. Dabei verroten die Stängel entweder auf der Wiese als Tauröste oder in einem Eimer als Wasserröste. Das Flachsbrechen und alle folgenden Schritte sollen dann – und das begeistert mich mit am meisten – als Communityprojekte bei den jeweiligen Kooperationspartnern stattfinden. Auf der Projektseite findet man dazu schon heute eine deiuschlandweite Karte. Theoretisch weiß ich also schon ziemlich gut Bescheid, was die einzelnen Arbeitsschritte wären. Ursprünglich kommt das Projekt wohl aus Schweden und hieß dort 1 kvm lin. Zeitgleich zur deutschen Aktion startet das Projekt für 2025 auch in Österreich. Ich bin schon sehr vorfreudig. In meinem Umkreis gibt es gleich mehrere Kooperationspartner und in der eigenen Stadt sogar bislang zwei. Ich selbst werde aber sicherlich direkt im Wandelgrund dabei sein, in dem das Projekt mit Mona Knorr von Coffee, wood and wool organisiert wird. Doch zurück zu den Pflanzentinten, um nicht zu sehr vom Thema abzukommen.
Einige der Pflanzentinten habe ich tatsächlich noch zu Hause und könnte mir gut vorstellen, einen Stofffärbeversuch damit zu unternehmen. Ich bin mir nur noch nicht sicher, wie ich den Stoff anschließend fixieren muss. Mal schauen, ob ich heute bei den anderen Stoffspielerei-Teinlehmern dazu etwas lernen kann. Versammelt wird sich bei PeterSilie & Co.
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Die Workshoplocation wirkt sehr idyllisch! Die Galläpfel sind ja riesig – ich habe jedoch noch nie welche real gesehen, wenn sie an einem Eichenblatt wachsen hätte ich sie mir kleiner vorgestellt. Da Du fragst, wie man wohl die Pflanzentinten fixiert, würde ich ausprobieren, ob es genügt, auf entsprechend vorbehandelten (ich denke da an Sojamilch) Stoff zu malen. Danke für diesen schönen Einblick zur Herstellung von Pflanzentinten. Liebe Grüße!
Ein erfrischender Einblick in die Geschichte des Ortes und der Pflanzentinten. Danke für den “Rundgang”. In Gemeinschaft zu experimentieren sit immer doppelter Gewinn, da kriegt man spontan Lust, mitzumachen. Die “1qm Lein” Aktion ist da vielleicht ein guter Einstieg. Ich schau mal, ob etwas in meiner Nähe ist. Zum Fixieren gibt es möglicherwesie Tipps bei ww.wilde-farben. de? Hier werden hauptsächlich Wollfärbungen beschrieben. Liebe Grüße, Elvira
Wunderschön Dein Bericht über diesen Workshop, man bekommt sofort Lust so etwas auszuprobieren. Und so schöne verschiedenartige Tinten sind entstanden, herrlich diese Farben! Liebe Grüße, Silvia von Petersilie & Co
Das war sehr spannend zu lesen – vielen Dank! Fixieren? Vielleicht wie auch sonst oft bei Pflanzenfarben mit Wasserdampf? Und den Stoff sollte man vorher beizen. Wie dick- oder dünnflüssig sind die Tinten, wenn sie fertig sind? Sind sie gleichermaßen zum Schreiben bzw. Malen und zum Färben im Topf zu verwenden?
Nochmals vielen Dank für deinen interessanten Bericht.
LG
Siebensachen
Das war ja mal ein großer Beitrag und so nah bei mir! Da bleibe ich dran.Und ich konnte so viel entdecken, was ich auch probiert habe vor zwei jahren, als ich mich zu einem Tintenprojekt mit zwei Bloggerinen im Brandenburgischen traf. Eisengallus ist definitif aufwändig, aber nach meinem Wissen, auch nicht an einem Tag zu schaffen.Tinte aus Wallnusschalen ist auch lichtecht,(ob das mit Blättern auch so ist, wage ich zu bezweifeln) damit läßt sich wunderbar schreiben und die Streichinstrumente wurden damit eingefärbt. Fürs Stoffe Färben, braucht man aber schon eine Menge. Fürs Schreiben reicht es länger und sieht so schön aus.
Das hat jetzt wieder richtig Lust gemacht, meine Tinten vorzuholen.Danke!
Viele Grüße Karen
Wunderbar, liebe Amber, dieser Beitrag verleiht mir das Gefühl, einen sommerlichen, kreativen und unvergesslichen Tag erlebt zu haben. Deine Beschreibung zur Tintenherstellung und Konservierung verlockt zum Nachmachen, die Fotos vom Veranstaltungsort sind wunderschön! Von Studien zu einem Artikel über Friedrich Schlegel weiß ich, daß die Vielschreiber damals ihre Tinte auch selbst hergestellt haben – sie müssen die literweise verbraucht haben.
Bitte zeige uns die Färbeergebnisse mit Stoffen, vor allem die Färbung mit Walnuß interessiert mich.
Vielen Dank für den umfassenden Bericht und die stimmungsvollen Bilder,
liebe Grüße von Tyche
Aaaah! Am Wandelgrund! Ich wollte SOOOO gern in diesem Sommer zu genau diesem Kurs fahren, und dann ist etwas dazwischen gekommen. Witzig, da hätten wir uns dann (ungeplant) getroffen. Zum Glück wird es nächstes Jahr weitere Kurse dort geben. (Und dann melde ich mich auch bei dir, wenn ich nach Dresden fahre?)
Spannend die Hintergründe zum Hof, die du beschreibst. Und sehr spannend auch die entstandenen Farben. Eisengallustinte, das klingt tatsächlich nach mittelalterlichen Kloster-Skriptorien. Schön, dass du nächstes Jahr bei 1m2 Lein mitmachst! Ich habe dieses Jahr schon einen ersten eigenen Versuch gestartet, nichtwissend, dass Christiane und Mona das Projekt schon nächstes Jahr in AT und DE aufziehen. (Mit beiden habe ich auch vor Kurzem eine schöne Podcastfolge für den Textilportal Podcast aufgenommen.) 1 qm Lein ist ein tolles Projekt, und ich hoffe, dass SEHR viele Leute diese tolle Faserpflanze nächstes Jahr kennen und lieben lernen. Da könnten wir dann auch das heutige Stoffspielerei-Thema eigentlich wieder aufnehmen? Liebe Grüße, Gabi
Es ist sehr interessant, die Schritte dieser Farbtinten in dieser schönen Umgebung zu verfolgen
Feine Fotos, die Lust machen auch mitzumachen um unsere Kenntnisse zu erweitern !
Was für ein interessanter Bericht mit wunderschönen Fotos! Ich hab mich bereits ein paar mal an das Färben mit Naturmaterialen herangewagt. Das waren unter anderem, Holunderbeeren und rote Beete. Zwiebelschalen und Avocadokerne warten hier noch auf ihren Einsatz. Wenn du eine gute Haltbarkeit und Farbechtheit der Farben erzielen willst, dann musst du Vorbeizen, was meines Erachtens der Mühseligste Teil des Färbens ist. Färben mit Pflanzenfarben ist ein langsamer Prozess, der sich gern über ein paar Tage zieht. Ich beize meine Stoffe mit einer ‘Mineralischen Beize’ aus Alaun und Natriumkarbonat oder Weinstein. Ist dein Stoff gebeizt, musst du ihn nicht mehr fixieren. Aber wäre das auch mit Hitze möglich? Bei wasserstoffbasierten Farben (Siebdruck) ist das ja Vorraussetzung für die Haltbarkeit.
Danke für diese idyllischen und interessanten Einblicke. Nutzt man Naturfarben auf Papier ist die Fixierung sicher nicht so wichtig es sei denn, die Papiere hängen und sind lange dem Licht ausgesetzt.
LG Ute