Mittwochs mag ich, dass am Montag immerhin gleich fünf Familienmitglieder und damit auch zwei Generationen auf die Straße gegangen sind. Amüsant fand ich, dass der Lieblingsonkel unserer beiden Kinder mit seinen beiden Plakaten “GEGEN ARABISCHE ZAHLEN AN DEUTSCHEN SCHULEN” und “BELEIDIGTE LEBERWURST GEGEN DIE SALAMISIERUNG DES ABENDBROTES” wohl den richtigen Nerv getroffen hatte und wohl auch von (fast) allen richtig verstanden wurde. So oft wurden wir wohl noch nie fotografiert.
Wirklich euphorisch war ich allerdings danach nicht, denn es war zwar wichtig, dass endlich mal ein paar mehr Dresdner Gesicht gezeigt haben, aber was in diesen Tagen wohl wirklich zählt, sind und bleiben Taten, die wirklich helfen. Es ist kalt geworden in meiner Stadt und diesem Land.
Zum Geburtstag der Freundin, die vor einigen Wochen bei mir ihre ersten Nähversuche unternommen hat, sollten es ein paar wärmende Stulpen geben. Genäht wurde nach dem kostenlosen Schnittmuster von Mariegemachtes*, das ich allerdings erst nach der Youtube-Nähanleitung aus dem “Haus mit dem Rosensofa” (was für ein Name!) verstanden habe.
Damit weiß ich nun tatsächlich, wie man die gefütterte Variante, die anschließend nur durch eine kleine Öffnung gewendet wird, zusammennähen muss. Auf die Schlauchform wäre ich wahrscheinlich alleine nie gekommen und selbst jetzt kann ich mir nicht so richtig vorstellen, wieso es dann schließlich tatsächlich passt. Sehr faszinierend! Nachdem dieses Nähgeheimnis nun tatsächlich gelöst ist, könnte ich übrigens auch den gefütterten Ballonrock ohne Probleme nähen, an dem ich letztes Jahr ja noch gescheitert bin.
Vernäht wurde ein Stück roter Wollloden und der rot-bepunktete Sweat vom Stoffmarkt, aus dem schon ein Rockfür mich entstanden ist. Am schwierigsten fand ich die Festlegung der richtigen Maße, denn ich konnte nur davon ausgehen, dass die Arme der Freundin etwas schmaler als meine sein müssten. Nach der Geschenkübergabe stellte sich heraus, dass ich ruhig etwas großzügiger hätte nähen können, denn die Wendestulpen werden wohl nie ihre eigentliche Fuktion erfüllen. Da sich der Wollwalk kaum dehnt, passen díe Armwärmer nur mit der roten Variante nach innen. Wenn der Sweat innen liegt, passt die Beschenkte leider nicht mehr rein, ohne dass die Blutzufuhr unterbunden wird.
Zu den genähten Stulpen gab es aber auch gleich noch einen Stulpen-Nähkurs-Gutschein, der mit demEtiketten-Stempelvon Hema* und etwas Masking Tape* schnell erstellt war. Damit kann sich die Näherin dann für ihre eigene Stoffwahl entscheiden und auch die Maße werden besser stimmen.
Insgesamt bin ich aber schon froh, dass die Beschenkte überhaupt reinschlüpfen konnte und ich weiß nun, dass Walk- und Lodentstoff viel weniger dehnbar ist, als Jersey und Sweat. Ich glaube, ich brauche auch dringend ein paar neue Stulpen.
Schon im Sommer haben wir an einem Bauherrenseminar über die Verwendung von Naturfarben in der Naturfarbenwerkstatt in Dresden teilgenommen. In vielen Bereichen unserer Vierseithofsanierung können wir schon längst nicht mehr alle unsere ökologischen Wunschvorstellungen umsetzen, aber bei den Baustoffen, die uns unmittelbar umgeben werden, ist uns – und auch den zukünftigen Nachbarn – besonders wichtig, was da verbaut wird. Immerhin haben wir auch das Fachwerk mit Standölfarbe von Kreidezeit*gestrichen.
Mit einigen Monaten Abstand haben wir uns nun für Kalkputz entschieden und werden darauf selbst kalken. Obwohl ich damit bislang noch gar keine eigene Erfahrungen habe, werden ich mich an einen freskalen Anstrich mit Pigmenten wagen. Glücklicherweise konnte ich einer bereits kalkanstricherfahrene Restauratorin dazu schon sehr viele Fragen stellen.
Die Wandgestaltung mit Naturkalk begeistert mich inzwischen sehr – Kalkoberflächen können nicht schimmeln, da es keine “Nahrung” im Sumpfkalk gibt, sie sind diffusionsoffen, preiswert und haben keine chemischen oder fungiziden Zusatzstoffe. An eingen Wänden soll mit den Pigmenten auch etwas farbig werden. Das Tochterkind hat sich zwar schon ein “türkis” bestellt, aber ich hoffe, dass sie ein etwas sanfterer Blau-Farbton auch zufrieden stellen wird.
Wie bereits im September sollte wieder für Flüchtlinge genäht werden und den kalten Temperaturen entsprechend, standen Loops und Mützen auf dem Plan. Diesmal war der Ablauf aber etwas freier und jeder konnte (zunächst) nähen, was er wollte. Außerdem verführte die Jüngste von Kääriäinen (als kleine Halbfinnin in wunderschönen finnischen Bio-Stoff* gehüllt, der hier auch noch darauf wartet, vernäht zu werden) zum Babyschauen und Bekuscheln.
Auch ich habe mich diesmal nach später Ankunft und übervollen eigenem Nähplan für ein anderes Nähprojekt entschieden und endlich den der Tochter schon seit Wochen versprochenen Minirock* nach dem Schnittmuster von Prachtkinder begonnen.
Um so dankbarer war ich, dass die anderen sehr fleißig für die Flüchtlinge genäht haben. Beeindruckende 28 Stücke sind an diesem Abend entstanden – elf komplette Sets und zusätzlich sechs Loops.
Heute vor einer Woche konnte ich trotz der übervollen Woche und dem geplanten Wochenendbesuch bei den Großeltern mit dem Tochterkind in der Galerie John vorbeischauen, in der die Vernissage zu “Kinderzeichnungen aus der Flüchtlings-Zeltstadt Dresden” stattfand. Zusammen mit der Kulturperlen-Agentur wurden dort Kinderzeichnungen gezeigt, die im Dresdner Flüchtlingslager entstanden sind. Da ich meinen bisher ganz kleinen eigenen, minimalen Beitrag bei der Essenverteilung in der Zeltstadt Dresdenleisten konnte und einigen dieser Kinder bereits eine Obsttüte in die Hand gedrückt habe, war mir der Besuch besonders wichtig.
Das Tochterkind ist nun bereits ein Vorschulkind und so langsam beginnt sie die Welt zu hinterfragen. Für mein gerade auf Blogreise wanderndes Kinderbuch ist sie zwar noch ein bisschen zu jung, aber ihr kindgerecht zu erklären, warum Menschen in Zeltlagern leben, woher sie kommen und warum ich an Wochenenden versuche zu helfen, kann wohl nicht früh genug sein. Zunächst war für sie am interessantesten, dass sich das Mädchen auf der Einladungskarte genauso porträtiert hatte, wie alle Vorschulkinder in ihrem Kindergarten und damit auch sie selbst: ein Kindergesicht und daneben der selbstgeschriebene Name. Am Tag vor dem Vernissage-Besuch nahm sie deshalb die Einladungskarte mit den Kindergarten und konnte dort direkt vergleichen.
Bevor der Mann es geschafft hatte, die Kinder einzusammeln, Sachen zu packen und mit dem wochenendbesuchsbereiten Auto quer durch die Stadt zu fahren, hatte ich genügend Zeit, mir die Kinderzeichnungen anzuschauen. Mit den Augen eines Erwachsenen sieht man dort viel, was mich sehr bewegt hat – brennende Häuser, Kinder in Booten, SOS-Zeichen … Dazu hatte ich die Erzählung einer Kollegin im Ohr, die von der Vermutung seitens Psychologen berichtete, dass Kriegskinder Körperumrisse häufiger mit blauer Farbe malen würden, weil sie selbst bereits (blaue) tote Kinder gesehen haben.
Um so mehr war es mir – gerade in meiner Stadt – wichtig, die bislang heile Kinderwelt meiner Tochter mit dieser harten Realität zu konfrontieren, wobei es selbst mir schwer fällt, ihr zu erklären, warum diese Familien bei den derzeitigen viel zu kalten Temperaturen bis zum Eröffnungstag dieser Ausstellung in unbeheizbaren Zelten (über)leben mussten.
Die Tochter konnte an diesem Abend das gleichaltrige Kind, das sich auf der Einladungskarte selbst gezeichnet hat, persönlich kennenlernen und sie saßen eine Weile nebeneinander. Ich bin sehr dankbar, dass diese direkte Begegnung möglich war. Viel erzählt hat sie zwar bislang davon noch nicht, aber Tage später meinte sie, dass sich das Mädchen doch etwas dunkler hätte zeichnen müssen, da ihre Haut nicht so weiß gewesen wäre. Von den Blogeinnahmen haben wir übrigens von dem kleinen Mädchen ein weiteres Bild – das seinen Platz im Kinderzimmer finden wird – gekauft und den Betrag damit gespendet.
Zwischen den Kinderzeichnungen seht ihr meinen “Tank Man”, den ich am Vormittag von der kostenlos zugänglichen Kunstinstallation “Made in China” aus dem Albertinum in Dresden mitnehmen konnte. Auch wenn wir sonst versuchen die Plastikgegenstände in unserem Alltag möglichst zu reduzieren, zählt in diesem Fall wohl mehr die Grundidee dahinter. 5000 Figuren, die den bis heute unbekannten Mann nachbilden, der sich 1989 den Panzern in Peking vor der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung entgegenstellte, sind dort aufgereiht.
Jeder der ein Demokratiestatement auf einem kleinen Zettel hinterlässt, kann sich seinen “Tank Man” mitnehmen und ihn an einen Ort seiner Wahl bringen. Zivilcourage – wie dieser Chinese, der wohl mit Mantel und Tasche gerade auf dem Weg nach Hause war – zu zeigen, ist wohl auch in diesen Tagen bitter nötig. Noch stehen recht viele “Tank Man” da und warten auf Abholung ….
Jede Plastikflasche weniger hilft! Bei unseren Kindern sind seit Jahren Emil-Flaschen* im Einsatz während wir Erwachsene von der bei der Markteinführung mitfinanziertenSoulbottle* überzeugt sind.
Aktuelles Lieblingsbuch des kleinen Sohnes (7 Jahre)*
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